Der Marchtaler Plan

Rahmenplan für katholische freie Schulen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Rahmenplan für katholische freie Schulen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Der Marchtaler Plan wurde 1984 als verbindlicher Erziehungs- und Bildungsplan für Katholische Freie Grund- und Hauptschulen eingeführt. Mittlerweile wurden spezifische Pläne für alle allgemeinbildenden Schulformen, Fachschulen für Sozialpädagogik und verschiedene Sonderschulen entwickelt sowie ein Grundlagenband verfasst.

Mehr lesen ...

Der Marchtaler Plan bietet somit eine kohärente und durchgängige Bildungs- und Erziehungskonzeption für sämtliche Schultypen und Klassenstufen. Zusätzlich gibt es spezielle Konzepte für Internate, Kindergärten sowie den Ganztagsbereich an Schulen.

Der Marchtaler Plan hat sich sowohl national als auch international zu einer anerkannten schulpädagogischen Konzeption mit Modellcharakter entwickelt und beeinflusst zunehmend auch staatliche Schulen. Im Rahmen der Arbeit der Stiftung wird er in Zusammenarbeit mit den Schulen kontinuierlich überarbeitet, um den aktuellen Herausforderungen einer sich ständig wandelnden Gesellschaft gerecht zu werden.

Schließen

Haltung & Bildungsaufgaben

Grundlage des Marchtaler Plans ist eine christliche Anthropologie, die sich der von Gott geschenkten und ermöglichten Freiheit verpflichtet weiß. Sie wurzelt ihrerseits in Gottes unbedingter Liebe und in der Gottebenbildlichkeit des Menschen, die dessen einmalige und unverlierbare Würde begründet. Das sich daraus ergebende Beziehungsgeflecht und Beziehungsgefüge von Gott, Mensch, Mitmensch und Welt ist wesentlich für das (Bildungs-)Verständnis des Marchtaler Plans und dessen Entfaltung in den Strukturelementen. 

Alles pädagogische und didaktische Handeln in der Schule will – von dieser Basis ausgehend - einen wesentlichen Beitrag zur (Selbst- und Identitäts-)Bildung von Schülerinnen und Schülern leisten, sie in ihrer Entwicklung zu selbstbestimmten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten und in ihrer Suche nach Sinn, Hoffnung und Glaube unterstützen, fördern und begleiten. Bildung wird dabei verstanden als aktiver Prozess der Selbstbildung, der sich in dem genannten komplexen Beziehungsgeflecht bewegt.

Mehr lesen ...

Es ergeben sich daraus Bildungsaufgaben, die die Marchtaler-Plan-Pädagogik wie zusätzliche „Fäden“ quer zur fachlichen Bildung ernst nimmt: Unser Ziel ist es, dass Kinder und Jugendliche

  • Glaube, Hoffnung und Sinnstiftung erfahren
  • Herausforderungen begegnen und an ihnen wachsen
  • durch das Staunen und Forschen in eigenverantwortlichem Arbeiten und Handeln Selbstwirksamkeit erfahren
  • mit Mitmenschen und ihrer Verschiedenheit sensibel umgehen und sich sozial engagieren
  • die Schöpfung achten und sich für ihren Erhalt einsetzen
  • Demokratie einüben
  • mit Digitalität achtsam umgehen
  • ethische Urteile bilden
  • und kompetent handeln
Schließen

Die Strukturelemente

Die Strukturelemente des Marchtaler Plans, eines innovativen pädagogischen Konzepts, werden in diesem Text umfassend vorgestellt. Mit einem besonderen Fokus auf den vier Hauptelementen - Morgenkreis, Vernetzter Unterricht, Freie Stillarbeit/Freie Studie und Fachunterricht - wird dargelegt, wie diese Elemente dazu beitragen, die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler zu fördern und eine ganzheitliche Bildungserfahrung zu ermöglichen.

Morgenkreis

Der Morgenkreis leitet die Schulwoche ein und bietet Zeit für ein Ankommen aus den unterschiedlichen Lebenswelten in der Gemeinschaft. Im Mittelpunkt steht die Beziehung und Begegnung, mit dem anderen, sich selbst, der Welt und Gott. 

Mehr lesen ...

Der Morgenkreis schafft Raum und Zeit zur Wahrnehmung, zur Spiritualität, zum Gespräch und zur Sammlung. Er greift Themen auf, die die Schülerinnen und Schüler bewegen: Problemsituationen, aktuelle Geschehnisse, Glaubensfragen, Demokratiebildung oder Rhythmen des Jahres und kirchlicher Feste. Im Morgenkreis können ethisch-religiöse Fragestellungen des Vernetzten Unterrichts aufgegriffen und reflektiert werden.

Schließen

Vernetzter Unterricht

Im Vernetzten Unterricht geht es grundlegend darum, Themenfelder und Phänomene so zu erschließen, dass von den Fragen der Kinder und Jugendlichen ausgegangen werden kann und somit Schüler und Schülerinnen und "Sachen" miteinander in Beziehung treten. 

Mehr lesen ...

Nicht allein der fachliche Aspekt eines Phänomens, sondern ebenso personale, situative, soziale, musisch-ästhetische, handwerkliche sowie insbesondere ethisch-religiöse Dimensionen werden berücksichtigt. Damit wird sowohl die Komplexität der Lebenswelt aufgegriffen als auch eine Orientierung geboten. Die Einheiten des Vernetzten Unterrichts werden in Epochen unterrichtet, um ausreichend Zeit zu Betrachtung, Analyse, Bewertung und Reflexion der vielfältigen Beziehungsdimensionen und vertieftes Arbeiten zu ermöglichen.

Schließen

Freie Stillarbeit / Freie Studie

Die Freie Stillarbeit eröffnet täglich das schulische Arbeiten und spielt damit eine wesentliche Rolle bei der Rhythmisierung des Schultages. Das Ziel der Freien Stillarbeit und der Freien Studien liegt in der Persönlichkeitsentwicklung 
 

Mehr lesen ...

der Schülerinnen und Schüler, der Einübung eines verantwortungsvollen Umgangs mit individueller Freiheit und der Erweiterung sozialer Fähigkeiten. Durch selbstständiges und eigenverantwortliches Erarbeiten angebotener Materialien werden Fertigkeiten und Kenntnisse erworben. Zudem wird der Aufbau einer positiven Lern- und Arbeitshaltung gefördert. Eine Verbindung zum Vernetzten Unterricht und zum Fachunterricht wird durch die Materialien hergestellt, die sich auf deren Inhalte beziehen und die Selbsterarbeitung von Themen, Vertiefung, Wiederholung oder Übung anbieten.

Die Schülerinnen und Schüler können das Arbeitsthema, die Arbeits- und Zeiteinteilung, den Arbeitspartner sowie den Arbeitsplatz frei wählen. Diese Freiheit steht in Relation zu den Arbeitsmöglichkeiten, dem Verhältnis von Pflicht- und Wahlaufgaben und der Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme.

In der Sekundarstufe 1 geht die Freie Stillarbeit in der Realschule und im Gymnasium in längere Phasen von Freien Studien über. Dort sollen sich die Jugendlichen Themenfelder zunehmend selbständig erschließen.

Schließen

Fachunterricht

Wo fachwissenschaftliche Inhalte weder im Vernetzten Unterricht in Erscheinung treten noch als Grundlage für Selbstbildungsmaterialien in der Freien Stillarbeit oder den Freien Studien dienen, bildet der Fachunterricht ein weiteres wesentliches Strukturelement des Marchtaler Plans. 

Mehr lesen ...

Auch wenn im Fachunterricht die jeweiligen spezifischen Methoden und Sichtweisen der unterschiedlichen Fachdisziplinen stärker im Vordergund stehen, als dies in der Regel im Vernetzten Unterricht der Fall ist, verbinden ihn doch sehr viele Grundanliegen mit diesem. Auch hier steht die "fruchtbare Begegnung" zwischen Lernenden und Sachen im Mittelpunkt, auch hier ist immer wieder nach der Bedeutung der Inhalte für die Persönlichkeitsentwicklung zu fragen, auch hier werden religiöse, ethische, personale, situative und soziale Dimensionen berücksichtigt. Es geht auch hier um dialogische Beziehungen, die von gegenseitigem Respekt, gegenseitiger Wahrnehmung und Wertschätzung geprägt sind. In der Gesamtheit der Strukturelemente lernen Kinder und Jugendliche damit sowohl eine stärker auf die Eigengesetzlichkeiten der einzelnen Unterrichtsgegenstände und deren Einbettung in das jeweilige Fachgebiet konzentrierte Herangehensweise als auch ein Vorgehen kennen, das die Zusammenhänge ins Zentrum der Betrachtung rückt. Indem ihnen beide Betrachtungsweisen zur Verfügung stehen, eröffnen sich wertvolle Handlungsspielräume im Umgang mit den Weltphänomenn.

Schließen

Schule als Lebensraum - Ganztagspädagogik im Marchtaler Plan

Die Ziele des Marchtaler Plans sind eng verbunden mit dem Verständnis von Schule als Lebensraum für Kinder und Jugendliche. Viele Schulen, die nach dem Marchtaler Plan arbeiten, schauen daher auf eine lange Tradition als Ganztagsschule in offener oder gebundener Form zurück.

Das Grundverständnis und die Bildungsaufgaben des Marchtaler Plans setzen sich in den Gestaltungselementen des Ganztagsbereichs fort: Es wird ein Rahmen gestaltet, der Kinder und Jugendliche in ihrer Selbstbildung und Persönlichkeitsentwicklung unterstützt, indem sie in ihren Themen, Interessen und Lebenswelten wahrgenommen und angesprochen werden. Verlässliche Beziehungen und die Mitverantwortung in der Schulgemeinschaft sind zentrale Aspekte der Ganztagspädagogik.
 

Beziehung und Beheimatung im Ganztag der Grundschule

In der Grundschule wird ein besonderer Schwerpunkt auf Beheimatung und Beziehung gelegt, mit dem Ziel, Kinder in Ihrer zunehmenden Eigenständigkeit und Autonomieentwicklung zu begleiten. Mit dem Wechsel vom Kindergarten in die Schule wird Wert darauf gelegt, den Kindern ein Gefühl der Zugehörigkeit, Orientierung und verlässlichen Beziehungen zu bieten. So werden z.B. Strukturen und Gestaltungselemente, die den Kindern aus dem Kindergarten bekannt sind, in ähnlicher Weise fortgeführt: die Einbindung in feste Gruppen mit kontinuierlichen Bezugspersonen sowie gemeinsame Gruppenräume und Gruppenaktivitäten zu Themen und Interessen der Kinder.

Ab Klasse 3/4 und spätestens mit Eintritt in die Sekundarstufe öffnet sich diese Struktur: Die Kinder bewegen sich eigenständig in der Klassen- und Schulgemeinschaft, nehmen am offenen Angebot der Mittagsfreizeit teil und wählen Arbeits- und Freizeitgruppen nach eigenem Interesse aus.

Mittagsfreizeit und Mittagessen

Die Mittagsfreizeit, in der das Mittagessen eingebettet ist, dient der Regeneration und Rhythmisierung des Tages. Sie ist ein wichtiger Zeitraum für die Begegnung in der Schulgemeinschaft über Klassen- und Jahrgangsgrenzen hinweg. In dieser Zeit wird es lebhaft im Schulgelände, denn überall entstehen Aktivitäts- und Begegnungsräume, Treffpunkte und  Aufenthaltsbereiche, in denen Kinder und Jugendliche ihren Interessen und Bedürfnissen nachgehen können.

Mehr lesen ...

Mit dem Mittagessen wird eine gesunde und stärkende Mahlzeit bereit gestellt, gleichzeitig ist das gemeinsame Essen auch ein Erfahrungsraum für die Schul- und Klassengemeinschaft. An Katholischen Freien Schulen wird das Mittagessen daher in Tischgemeinschaften gestaltet - oft im Klassen- oder Gruppenverband und begleitet durch Lehrkräfte oder Pädagogische Mitarbeitende des Ganztagsbereichs. So können gemeinsam Tischrituale gestaltet und Themen wie der verantwortungsvolle Umgang mit Lebensmitteln, gesunde Ernährung und der wertschätzende Umgang miteinander ausgehandelt und erfahren werden.

Die Mittagsfreizeit ist selbstgestaltete Zeit für die Kinder und Jugendlichen, in der sie täglich neu und entsprechend der eigenen Bedürfnisse und Interessen ihre Aktivitäten wählen. Dafür steht ein breites Angebot an offenen Aufenthaltsbereichen und Angeboten bereit, wie z.B. offene Klassenzimmer und Gemeinschaftsräume, Pausenhof, Sporthalle und Bewegungsräume, Werkstätten, Bibliothek und Spieleverleih. Ein besonderer Ort ist der Raum der Stille, der zur Ruhe einlädt, Begegnung mit Spiritualität und Glauben ermöglicht und Offenheit für Lebens- und Glaubensfragen anbietet.

Kinder und Jugendliche bleiben in dieser frei gestalteten Zeit nicht allein sich selbst überlassen. Es gilt das Spannungsverhältnis aus Autonomiebedürfnis und Begleitung, Freiheit und Verantwortung ausgewogen zu gestalten. Pädagogische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Fachkräfte des Ganztags, ebenso wie Lehrkräfte begleiten und gestalten diese Zeit als Ansprechpersonen in der Aufsicht, als fachkundige Anleiter*innen in den Werkstätten und Aktivbereichen oder auch mit Impulsen und Angeboten für Altersgruppen oder passend zu den Jahresrhythmen.

Schließen

Gebundene Freizeit

In der gebundenen Freizeit werden über einen längeren Zeitraum hinweg Arbeits- und Freizeitgruppen, Projekte oder Kurse angeboten, für die sich die Kinder und Jugendlichen verbindlich entscheiden und anmelden. Anders als in der Mittagsfreizeit, in der sie ihre Aktivitäten täglich neu wählen, legen sie sich hier für ein Trimester, Halbjahr oder ganzes Schuljahr auf ein Angebot fest. 
 

Mehr lesen ...

Die Angebote bieten die Möglichkeit, verschiedene Themen- und Interessengebiete, Aktivitäten aber auch Formen von Engagement und Mitgestaltung auszuprobieren und zu vertiefen. Die Angebote richten sich entsprechend nach den Interessen und Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen und greifen darüber hinaus Vertiefung von Unterrichtsinhalten und Aspekte von Schulprofil und Schulgemeinschaft auf.

Schließen

Erweiterte Lerngelegenheiten - Lernzeit und Hausaufgabenbegleitung

In den erweiterten Lerngelegenheiten "Lernzeit" und "Hausaufgabenbegleitung" stehen selbständiges Lernen und vertiefendes Üben im Fokus. Sie zeichnen sich durch eine engere Verbindung zum regulären Unterricht und eine höhere Verbindlichkeit im Vergleich zu den Freizeitangeboten aus. 
 

Mehr lesen ...

Erweiterte Lerngelegenheiten greifen die Lernerfahrungen und Arbeitsweisen von Freier Stillarbeit und Freien Studien auf und bieten einen zusätzlichen Rahmen, um das eigenverantwortliche Lernen und Arbeiten zu stärken.

Pädagogische Mitarbeitende und Lehrkräfte begleiten und unterstützen Kinder und Jugendliche in dieser Zeit. Mitunter werden auch Workshops des "Lernen lernens" oder Angebote wie Lerntherapie und Lernförderung in die erweiterten Lerngelegenheiten integriert. Die inhaltliche Nähe zum Unterricht durch Arbeitsaufträge, Lernpläne und Hausaufgaben erfordert eine enge Kommunikation und gemeinsame konzeptionelle Entwicklung zwischen Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitenden.

In den Konzepten von gebundenem und offenem Ganztag haben sich zwei unterschiedliche Formate der Lerngelegenheiten entwickelt:

Die Lernzeit ist ein Konzept an gebundenen Ganztagsschulen, mit dem Ziel, die klassischen Hausaufgabenzeiten fest in den Schultag zu integrieren, so dass keine Aufgaben mehr mit nach Hause genommen werden müssen. Damit verbunden ist der Anspruch, die Lernzeit zu öffnen und stärker in die Verantwortung des einzelnen Schülers/ Schülerin zu legen, die zunehmend selbständig entscheiden, wie sie die Lernzeit für sich nutzen und gestalten. Diese Entwicklung wird durch Lernbegleiter*innen unterstützt, die die Lernzeiten gestalten und in regelmäßigen Reflektionsgesprächen die Kinder und Jugendlichen begleiten, anleiten und beraten.

Die Hausaufgabenbegleitung ist ein Konzept der offenen Ganztagsschule. Kinder und Jugendliche, die am Gantzagsangebot teilnehmen, erhalten hier die Möglichkeit, ihre Hausaufgaben in der Schule zu erledigen, unterstützt von pädagogischen Mitarbeiter*innen des Ganztagsbereichs.

Schließen